“Caritative Einrichtung für Obdachlose”, St. Petersburg

L51iR_3LnGE

1997 richtete die Caritas in den Räumlichkeiten des Franziskanerklosters an der 9. Krasnoarmejskaja Straße in St. Petersburg eine „Essensausgabe für Obdachlose“ ein. Hier versammelten sich täglich über 250 Personen, die weder ein Dach über dem Kopf hatten noch eine Chance auf Arbeit oder medizinische Hilfe, denn sie hatten keine "Propiska" (in Russland eine Anmeldebestätigung, amtlicher Nachweis der Wohnanschrift, der zur Erwerbstätigkeit und der Beanspruchung sozialer und gesundheitlicher Dienstleistungen berechtigt) in ihrem Pass. Einige von ihnen besaßen gar keine Dokumente zum Nachweis ihrer Identität. Viele unserer Besucher waren an Tuberkulose erkrankt, einige kamen mit Kindern.

Angesichts der ausweglosen Situation der Obdachlosen entschieden wir uns, den Menschen neben einer täglichen warmen Mahlzeit auch medizinische und soziale Hilfe anzubieten.

Mit der Hilfe der Verwaltung des St. Petersburger Stadtteiles „Admiraltejskij“ und von Mitarbeitern der städtischen Antituberkulose-Dispensaire Nr. 12 (in Russland eine ambulante Behandlungsstelle zur frühzeitigen und vollständigen Erfassung aller von Tuberkulose Bedrohten und Gefährdeten, der Frühbehandlung aller Erkrankten sowie ihrer Nachsorge und Rehabilitation, im Weiteren ATD Nr. 12 genannt) wurde uns ein eigener Raum unter der Adresse „Nabereschnaja Obwodnogo Kanala, Haus 179 D“ („Kaistraße des Umleitungskanals, 197 D“) zur Miete überlassen, um dort eine medizinische und soziale Hilfestelle für Obdachlose einzurichten. Hier kamen neben einer Küche und einer sozialen Beratungsstelle auch ein ärztliches Sprechzimmer und ein Behandlungsraum unter, in welchen medizinische Mitarbeiter der ATD Nr. 12 unsere Besucher untersuchen, ihnen medizinische Erst- oder Nothilfe leisten, Proben nehmen und Vorbeuge gegen Tuberkulose durchführen.

Im Jahr 1999 gründete die Caritas St. Petersburg gemeinsam mit dem Malteser Hilfsdienst in St. Petersburg eine "Caritative Einrichtung für Obdachlose".

Heute besuchen jeden Tag bis zu 200 Personen ohne bestimmten Wohnsitz die „Caritative Einrichtung“. Hinter vielen von ihnen liegt ein ruiniertes Leben, das sie unter Freiheitsentzug verbracht haben, manche von ihnen sind psychisch verwirrt oder leiden an Infektionskrankheiten, darunter auch an HIV. 

Unseren Betreuten wird dort eine tägliche warme Mahlzeit in Form von 2 Bechern Suppe, 1 Becher süßem Tee und Brot mit Wurst bzw. Käse angeboten. Zweimal pro Woche wird zusätzlich eine Portion schnell löslichen Kartoffelpürees ausgegeben. Im Frühling und Herbst, wenn verstärkt Infektionskrankheiten auftreten, erhalten die Obdachlosen Knoblauch und einmal pro Woche Saft oder Joghurt.

Fürs Wochenende nehmen die Obdachlosen eine trockene Ration aus Weißbrot und Fleisch- oder Fischkonserven mit. An Festtagen gibt es zusätzliche Rationen. Innerhalb von 10 Jahren unserer Arbeit erhielten Bedürftige 346.105 tägliche Mittagsmahlzeiten und 82.755 Wochenendsrationen. 

Ein Arzt und eine Krankenschwester (Mitarbeiter der ATD Nr. 12) untersuchen jeden, der zum ersten Mal zur Obdachlosenküche kommt. Die Behandlung von Kranken mit Tuberkulose in geschlossener Form findet ambulant statt. In dringenden Fällen überweist der Arzt Kranke zur Behandlung in ein Krankenhaus oder Sanatorium. Wer sich in Behandlung befindet, erhält zusätzliche eiweißreiche Nahrung. Eine Krankenschwester leistet medizinische Nothilfe bei Prellungen, Schnittwunden, Verbrennungen und Schwächeanfällen, sie untersucht die Obdachlosen auf Läusebefall und schickt sie zur Versorgung eitriger, infizierter Wunden in spezialisierte medizinische Einrichtungen. 

In der Beratungsstelle hält eine Sozialarbeiterin Sprechstunde. Im Laufe des Jahres wird praktisch jeder beim Ausfüllen von Dokumenten beraten, bei der Neubeantragung von Pässen, Rentnerausweisen, Bescheinigungen usw. Auf Wunsch hilft die Sozialarbeiterin dem Obdachlosen, den Kontakt zur Familie wiederherzustellen, sie hilft bei der Suche nach Verwandten, bringt Obdachlose in städtischen Heimen und Übernachtungsstätten unter und hilft bei der Heimreise zum früheren Wohnsitz. 

Im Rahmen des Projektes arbeiten wir zusammen mit der Antituberkulose-Dispensaire Nr. 12, dem Verein "Notschleschka" („Nachtasyl“), mit öffentlichen Übernachtungsstätten der St. Petersburger Stadtteile „Petrogradskij“, „Admiralteiskij“, „Newskij“, „Krasnosselskij“ und „Moskowskij“ und einem Obdachlosenheim der Schwestern des Mutter-Theresa-Ordens.

All diese Jahre kümmert sich um uns und unsere Betreuten Frau Doris Epple; dank ihrer tatkräftigen Unterstützung und der Menschen, die sie um sich versammelt hat, sind wir in der Lage, Obdachlosen zu helfen.