Msgr. Hartmut Kania

Монсеньор Хартмут Каниа

Die Tätigkeit der Caritas umfasst die Betreuung 
aller Bedürftigen, unabhängig von 
ihrer ethnischen Zugehörigkeit, ihrer Nationalität, 
ihrer Konfession, ihres sozialen Standes 
oder anderer Besonderheiten 

Vor zehn Jahren, am 17. März 2001, starb in der Berliner Universitätsklinik Hartmut Kania, Prälat der römisch-katholischen Kirche. Für viele Menschen in Russland bedeutete der Tod von Pfarrer Hartmut einen schweren Verlust. Seine Lebensweise wurde für sie zum Vorbild, wie ein echter Christ leben soll.

Hartmut Kania wurde am 26. Mai 1942 in Ostpreußen geboren. Nach dem Schulabschluss in Cottbus im Jahr 1960 trat er in das Priesterseminar in Erfurt ein, das einzige katholische Priesterseminar in der ehemaligen DDR. Am 26. Juni 1966 wurde er zum Priester geweiht. Er diente in verschiedenen Pfarreien in Ostdeutschland, arbeitete sogar als Seelsorger der katholischen Artisten-, Schausteller- und Zirkusmission in der DDR.

Im Jahr 1978 verbrachte Hartmut Kania seinen ersten Urlaub in der Sowjetunion. Seit der Zeit besuchte er fast jedes Jahr Orte, in denen Katholiken wohnten. Er erzählte, dass er während eines Urlaubs in der Sowjetunion viel mehr Katholiken getauft, getraut und viel mehr Gläubigen die Hl. Kommunion gereicht habe als im Laufe eines ganzen Jahrs in der DDR.

Im Jahr 1989 fiel die Berliner Mauer. 1991 stellte Bischof Huhn, der Apostolische Administrator der Diözese Görlitz, Pfarrer Kania auf dessen Bitte für St. Petersburg frei.

Für viele Menschen in Russland bedeutete dies eine Zeit des großen Elends. Pfarrer Hartmut begann seine karitative Tätigkeit in St. Petersburg mit der Organisation einer Nahrungsmittelhilfe. Er richtete eine kostenlose Suppenküche ein und verteilte Kleidung an die Bedürftigen. Wir russischen Gläubigen bekamen damals deutlich zu spüren, dass wir zur katholischen, das heißt zur Weltkirche gehören und dass die christliche Welt sich um uns kümmert.

Pfarrer Hartmut Kania legte den Grundstein für die wohltätige Organisation "Caritas" in

St. Petersburg. Er organisierte humanitäre Hilfe für die Notleidenden, richtete Ausgabestellen für die Verteilung von Kleidung und Medikamenten ein. Ein Denkmal für Pfarrer Hartmut ist das von ihm erbaute Haus im St. Petersburger Stadtteil „Kolomjagi“, in welchem sich nun eine Altenpflegestation, eine Suchtberatungsstelle, ein Sozialhilfezentrum, ein Haus-Krankenpflege-Dienst und ein Rehabilitationszentrum für mehrfach behinderte Kinder befinden.

Immer noch arbeiten die vom ihm gegründeten Projekte:

  • die Malteser Armenküche,
  • das Bischof-Malecki-Förderzentrum für junge Behinderte,
  • die Obdachlosenküche und
  • Hilfsprogramme für Kinder aus benachteiligten Familien.

Er war bestrebt, effektive Beziehungen zu den staatlichen sozialen Strukturen aufzubauen und bei der Problemlösung der Bedürftigen mit ihnen zusammenzuarbeiten.

Das ist längst nicht alles, was Pfarrer Hartmut in Russland geleistet hat. Nach seinem Tod musste Erzbischof Tadeusz Kondrusiewicz sieben Personen in die verschiedenen Ämter einsetzen, die Pfarrer Hartmut Kania früher allein innehatte.

Im Jahr 1992 ernannte Erzbischof Tadeusz Kondrusiewicz Hartmut Kania zum Pfarrer der Herz-Jesu-Gemeinde in St. Petersburg. Allerdings konnte Pfarrer Kania erst im Juni 1996 im Erdgeschoß des Kirchengebäudes, das damals der katholischen Kirche noch nicht vollständig zurückgegeben worden war, eine erste Messe nach 60 Jahren Pause feiern. Außer der Herz-Jesu-Kirche setzte Pfarrer Hartmut es durch, dass das Gebäude der Mariä-Heimsuchung-Kirche in der Mineralnaja Uliza der katholischen Kirche übergeben wurde.

Bei der Herz-Jesu-Kirche wurde ein Sozialhilfezentrum eingerichtet, das alle Bedürftige unterstützte, unabhängig von ihren religiösen Überzeugungen. Es gab eine kostenlose Apotheke. Die Gemeinschaft der afrikanischen Studenten wurde unterstützt. Pfarrer Hartmut hatte Kinder gern und organisierte materielle Hilfen für Waisenhäuser, veranstaltete Feste und Führungen für die Kinder.

Pfarrer Hartmut versenkte sich immer sehr tief in die Heilige Messe und in die Anbetung des Allerheiligsten Sakramentes. Unter der Woche erschien er nach der Arbeit oft missmutig nach Gesprächen mit Beamten zum Abendgottesdienst. Aber schon kurz vor dem Gottesdienst schien er wieder wie verwandelt. Nach der Messe hatte er sich wieder beruhigt und vermittelte den Eindruck, als habe er neue Kräfte gesammelt. Der Gottesdienst und das Gebet wurden für ihn durch dreißig Jahre Priestertum nie zur Routine. Jedesmal war es wie eine neue Begegnung mit Gott. Seine Predigten hielt er gewöhnlich knapp und inhaltsreich.

Seine Art, die russische Sprache anzuwenden, rief oft ein Lächeln hervor, aber seine Predigten befassten sich stets mit den wichtigsten Themen. Er lehrte die Menschen, ein Wertesystem zu errichten, in dem Gott an der ersten Stelle steht. Dann könne einen Menschen keine Schwierigkeit des Lebens mehr erschrecken.

In den schwierigen 90-er Jahren lehrte er, dass man eingedenk des Heilsplans Gottes unter keinen Umständen die Hoffnung verlieren solle.

Nur wenige Menschen wussten, dass Pfarrer Hartmut nach der Hl. Messe und der anschließenden Teerunde mit der Gemeinde wieder in die leere Kirche im Obergeschoß hinaufstieg und dort lange allein zu beten pflegte.

In Deutschland diente Pfarrer Hartmut Kania rund 20 Jahre als Pfarrer und mochte seinen Dienst. Er liebte es, die Hl. Messe zu feiern, zu trauen, Kinder zu taufen und mit Gemeindemitgliedern zu sprechen. Er ging mit der Gestaltung des Gottesdienstes kreativ um, dabei behielt er natürlich das Wesen des Ritus bei. So konnte er den Ablauf des Ostergottesdienstes verändern, um ältere Gemeindemitglieder die steile Wendeltreppe, die zur Kapelle der Herz-Jesu-Kirche führte, nicht mehrmals besteigen zu lassen. Bei seinen Überlegungen auf den Stationen des Kreuzweges verband er das Leiden Jesu mit den konkreten Ereignissen aus unserem täglichen Leben. Am Ende dieses Gebet lasen wir die Namen der Märtyrer der russischen katholischen Kirche vor.

Kurz vor seinem Tod fuhr er zur Beerdigung einer ihm völlig unbekannten älteren Frau. Der Friedhof befand sich sehr weit von der Stadt, es war Winter, der durchdringende Wind löschte die Kerzen und die Kohlen im Weihrauchfass. In Trauerkleidung hielt Pfarrer Hartmut den ganzen Bestattungsgottesdienst. Zu dieser Zeit hatte Pfarrer Kania bereits den Rang eines Prälaten und war Direktor der Caritas Russland. Er hätte ohne weiteres einen Vikar bitten können, diese Beerdigung zu übernehmen, aber er tat das selbst.

Er war alles andere als ein Asket; er arbeitete zwar viel, aber er verstand auch zu feiern. Er liebte Picknicks in der Natur mit seinen Caritas-Mitarbeitern, er fuhr gern Auto und war Skiläufer. Er veranstaltete gern Feste und versammelte Gäste um sich. Die Weihnachts- und Ostergottesdienste in seiner Gemeinde endeten immer mit einer festlichen Mahlzeit für Gemeindemitglieder und Gäste. Er führte die Tradition ein, vor der Fastenzeit einen lustigen Karneval zu feiern, und er scheute sich nicht, in ein närrisches Kostüm zu schlüpfen. Pfarrer Hartmut liebte es, katholische Priester und Ordensleute der Stadt an seinen Tisch zu bitten und freute sich herzlich über jeden, der dieser Einladung gefolgt war. Er führte den Brauch des Sonntags-Teetrinkens in der Herz-Jesu-Kirche ein, besonders in den neunziger Jahren, die für viele gar nicht fröhlich waren, denn es mangelte den meisten Menschen an fröhlichen Ereignissen.

Ich glaube, es bedeutete ein Vergnügen für ihn, mit Menschen umzugehen. Er verhielt sich respektvoll gegenüber jedermann, dazu besaß er die wunderbare Fähigkeit, Mitgefühl mit den Menschen zu haben. Pfarrer Hartmut verstand es, alles Gute zu sehen und hervorzuheben, das seine Mitarbeiter leisteten, und ihre Fehler und Misserfolge zu verzeihen oder gar nicht zu bemerken. Nach der Messe sprachen ihn fast immer viele Menschen an, und er redete mit jedem, wenn die Zeit es erlaubte. Er sah immer das Beste im Menschen, und die Menschen versuchten, mit ihm besser zu sein.

Jeder von uns begegnet Menschen, die sein Leben verändern. Pfarrer Hartmut Kania war ein solcher Mensch für mich. Ich glaube, er war fähig, in den Menschen und in der Welt um uns herum etwas zu sehen, wozu ich nicht gesegnet bin, es zu sehen. Vielleicht war es ein Blick eines tief gläubigen Menschen, ein Blick voller Gottes Gnade. Vielleicht sah er in jedem Menschen ein Teil Gottes und erhöhte die Würde eines jeden Menschen in seinen eigenen Augen. Für mich bleibt Pfarrer Hartmut immer ein Vorbild für die Treue an die Kirche und die tätige Nächstenliebe.

Jewgenij Martynowitsch, 17.03.2011